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Mathematiker
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Delphi 5, 7, 10.1
BeitragVerfasst: Di 23.06.15 17:33 
Hallo,
kurz vor Schuljahresende kam heute in meinem Gymnasium wie ein "Blitz aus heiterem Himmel" massiv die Diskussion auf, ob Pascal/Delphi als Einstiegssprache für Schüler noch zeitgemäß ist. Konkreter Vorwurf: Wer für Pascal/Delphi ist, ist vor Jahren "stehen geblieben", nicht flexibel, kurz gesagt "steinalt", "konservativ", "blöd" und was es noch in dieser Richtung als Kommentare gibt. :evil:
Der eigentliche Hintergrund ist, dass wir viele neue Computer bekommen und die ausführende Firma uns gleich noch möglichst viel Software andrehen will :motz: , die wir gar nicht brauchen und wollen. Na ja, und mein Chef hat von Informatik nicht gerade viel Ahnung.

Im Moment beginnen wir in der Klasse 8 mit Pascal (Datentypen, Grundstrukturen Test, Schleife, Funktion, Prozedur ...), wechseln dann in der 9./10.Klasse (je 1 Wochenstunde) zu Delphi (höhere Datentypen, Dateiarbeit, sehr viel Grafik, ...) und nutzen Delphi in der 11./12.Klasse (fakultativer Unterricht) für die Umsetzung eines Teils des Sek II-Lehrplans (Themen vor allem Algorithmen, Grafik, Datenschutz).

Meine Bitte: Liefert mir bitte Argumente, warum Pascal/Delphi die optimale Lernsprache für Anfänger(!) ist. Es geht nicht um die Schüler, die sich schon selbständig mit Programmierung beschäftigen.
Es geht um die große Masse, die keine Erfahrung mit Programmierung hat, der logisches Denken fremd ist, mitunter sogar die ganze Informatik ablehnt. Diese Schüler werden leider mehr. Dennoch müssen diese wenigstens eine Note 3 oder 4 erreichen. Schließlich kann ich nicht jedes Jahr Dutzende Schüler wegen Informatik sitzen lassen. Andererseits sollte schon etwas mehr herauskommen als ein "Hello World"-Programm.

Ich möchte hier keine Diskussion, ob Delphi zeitgemäß ist. Das gab's schon hinreichend. Und ich benötige auch keine Argumente gegen Pascal/Delphi. Der "Feind" liest vielleicht mit. :wink:
Was ich für die anstehende Diskussion brauche, sind gute Gründe für Pascal/Delphi und gegen Java, PHP, C, Basic usw. als Anfängersprache, wohl gemerkt. Dass diese Sprachen in der Praxis weit verbreitet und wichtig sind, ist mir klar. Nur leider habe ich mit anderen Sprachen nur wenig oder gar keine Erfahrung.
OOP ist übrigens kein Thema für uns. Wir sind schon froh, wenn am Ende der 10.Klasse eine bunte Grafik auf dem Formular erscheint, ein paar Zahlen in einer Listbox zu sehen sind und evtl. wenigstens das Cäsar-/Vigenere-Verfahren funktioniert. Das in der EE schon ausführlich behandelte "Game of Life" ist schon die Höchstleistung. Mehr geht nicht. Ja, so sind die Ansprüche in den letzten Jahren zurückgegangen. :(

Beste Grüße
Mathematiker

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Töten im Krieg ist nach meiner Auffassung um nichts besser als gewöhnlicher Mord. Albert Einstein
FinnO
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 18:48 
Moin,

meiner Meinung nach ist es nahezu egal, welche Programmiersprache man als erstes lernt, solange diese nicht über die Maßen esoterisch ist.

Ich selbst habe "damals" in der Schule zuerst Kontakt mit Delphi gehabt. Ein großer Vorteil hier ist der gute und einfach verständliche GUI-Editor. Es macht einfach Spaß, eine grafische Anwendung programmieren zu können - auch sieht ein Fenster immer deutlich zugänglicher aus, als eine Konsole (gerade unter Windows). Ich würde hier fast die Verwendung von Delphi der von Pascal vorziehen.

Alle grundsätzlichen Konzepte der imperativen Programmierung lassen sich mit Pascal und Delphi abbilden. Wenn man darüber hinaus geht, ist Delphi durch die etwas komische Entwicklungsstrategie was objektorientierte Methoden anbetrifft in manchen Fällen nicht Feature-Komplett. Das spielt jedoch für die Schule und 99% aller Anwendungen keine Rolle. Durch Delphi lernt man weiterhin das sehr sinnige Konzept von eventbasierter Programmflusssteuerung.

Einen sehr großen Nachteil, der im Prinzip seit jeher das Totschlagargument gegen Delphi ist, ist die katastrophale Preis- und Veröffentlichungspolitik der IDE. Klar gibt es FreePascal und Lazarus. Aber diese Anwendungen sehen für Schüler halt alt und langweilig aus und orientieren sich nicht notwendigerweise an modernen Richtlinien in Sachen Gestaltung des Benutzerinterfaces. Microsoft bietet mit Visual Studio bzw. Visual Studio Code (C#, C++, JavaScript, Typescript, F#, VisualBasic...) eine stehts hochaktuelle IDE die in der kostenlosen Version sehr sehr viel abbildet. Das ist ein unverzichtbarer Bonus, wenn man bedenkt, dass viele junge Leute, die sich ernsthaft für Programmierung interessieren das allermeiste dadurch lernen, dass sie zu Hause in ihrer Freizeit Spaßprojekte realisieren.

Trotzdem wiegt ein weiteres Argument sehr schwer für Delphi: Die Schüler sollen programmieren lernen. Und du sollst ihnen das beibringen. Wenn du "nur" Delphi kannst, dann sollten die Schüler auch Delphi lernen. Hier gilt wieder das erste Argument: Die Sprache ist egal, es geht hier um das Prinzip. Wenn man Delphi kann, kann man auch ratz-fatz eine neue Programmiersprache lernen.

Gerade interessierten Schülern sollte man meiner Meinung nach aber zeitnah nahelegen z.B. auf C# umzusteigen (Fun fact am Rande: Das Sprachdesign von C# und Delphi wurde je von Anders Hejlsberg entworfen.) Die Umstiegshürde ist sehr sehr gering, die Verbreitung von C# knapp höher als die von Delphi.

Klar macht Delphi mit den neuen Versionen sehr viele und große Schritte in die richtige Richtung. Der sehr hohe IDE-Preis macht diese neuen Features nur leider lediglich für einen kleinen Kreis der professionellen Entwickler verfügbar.

Fazit: Als erste Programmiersprache ist Delphi genau so gut, wie jede andere. Hier sollte der Fachlehrer nach persönlicher Präferenz entscheiden. Zum sog. Anfixen ist das vollständig in Ordnung. Trotzdem darf man den Blick fürs große ganze nicht verlieren und sollte stets Alternativen zeigen können.

Ausblick: Ich habe als Tutor für Robotikkurse sehr gute Erfahrungen mit einem mehrstufigen Lernprozess machen können, der anhand einer klaren Aufgabenstellung und motivierender Arbeit mit Hardware (d.h. Lego Mindstorms) eine sukzessive Heranführung an das Programmieren darstellt. Am Anfang steht hier eine grafische Programmiersprache, die den Schülern dabei hilft, zunächst eine Vorstellung vom Konzept der Programmierung, also Schleifen, Verzweigungen zu erhalten. Als nächstes Modul wird eine imperative Programmierung in C (naja, NQC) angeboten, das letzte Modul ist dann die objektorientierte Programmierung mit Java. Dabei zieht sich das Konzept der Lego Roboter durch alle Module und die Schüler können erkennen, dass die Möglichkeiten der Programmgestaltung über die Module signifikant besser werden.

Schamlose Werbung: Wir bieten auch Lehrgänge für Lehrer an ;)

Gruß
Finn

Für diesen Beitrag haben gedankt: Mathematiker
hathor
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 18:54 
user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
...Na ja, und mein Chef hat von Informatik nicht gerade viel Ahnung.
...
Beste Grüße
Mathematiker


Alles klar:
de.wikipedia.org/wiki/Peter-Prinzip
de.wikipedia.org/wiki/Das_Dilbert-Prinzip

Übrigens:
Du bist doch der beste Beweis, das PASCAL/DELPHI eine sehr gute Programmiersprache ist. :P

Für diesen Beitrag haben gedankt: Mathematiker
Xion
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Delphi (2005, SmartInspect), SQL, Lua, Java (Eclipse), C++ (Visual Studio 2010, Qt Creator), Python (Blender), Prolog (SWIProlog), Haskell (ghci)
BeitragVerfasst: Di 23.06.15 19:19 
user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Konkreter Vorwurf: Wer für Pascal/Delphi ist, ist vor Jahren "stehen geblieben", nicht flexibel, kurz gesagt "steinalt", "konservativ", "blöd" und was es noch in dieser Richtung als Kommentare gibt. :evil:

Diese Kommentare höre ich, seitdem ich angefangen habe Delphi zu programmieren. Man wird immer etwas belächelt. Die Programme, die dabei rauskommen, werden es aber keineswegs ;)

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Der eigentliche Hintergrund ist, dass wir viele neue Computer bekommen und die ausführende Firma uns gleich noch möglichst viel Software andrehen will :motz: , die wir gar nicht brauchen und wollen.

Öha...also C++ und Java (was aus der Praxis relevanter wäre) sind also eher nicht angedacht.

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Meine Bitte: Liefert mir bitte Argumente, warum Pascal/Delphi die optimale Lernsprache für Anfänger(!) ist. Es geht nicht um die Schüler, die sich schon selbständig mit Programmierung beschäftigen.

Schlag mal ein Paper zu Algorithmik auf. Dort wirst du "Pseudocode" vorfinden, der verblüffend nahe an Delphi/Pascal herankommt. Pseudocode ist Code ohne formale Vorgaben, er soll nur klar verständlich und kurz sein, damit andere Forscher und Entwickler möglichst schnell verstehen, was da passiert. Ich denke, das ist für eine Einstiegssprache nicht verkehrt. 8)

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Es geht um die große Masse, die keine Erfahrung mit Programmierung hat, der logisches Denken fremd ist, mitunter sogar die ganze Informatik ablehnt. Diese Schüler werden leider mehr. Dennoch müssen diese wenigstens eine Note 3 oder 4 erreichen.

Hier sehe ich genau wie user profile iconFinnO die GUI-Anbindung von Delphi als klaren Vorteil und Motivation Nummer Eins.

[Edit: Die ungemein hohe Produktivität von Delphi ist ebenfalls als Pro hervorzuheben. Was man in Delphi unkompliziert hinschreibt, braucht in C++ schon deutlich mehr Code-Zeilen (zum Beispiel: Strings verbinden). Klar gibt es in C++ und besonders Java auch Klassen für viele Dinge, aber diese muss man erstmal kennen. Gerade in Java hat man schnell überhaupt keine Vorstellung mehr, was vor sich geht, weil Daten nur zwischen 10 Klassen hin- und hergeschoben werden, und das fertige Ergebnis dann auf mysteriöse Weise am Ende vorliegt. Dokus der Klassen wälzen mag doch auch niemand.]

C ist als Anfängersprache völlig ungeeignet, da es sehr oft "seltsame" Dinge tut, die mich selbst im Studium noch überrascht haben. Angefangen bei "Warum ist 3/4*x immer 0" oder Schleifen der Form for (i=0; i<array.length-1; i++), die unendlich (bis 2^32) iterieren, wenn das Array leer ist. Außerdem ist die Installation einer C++ IDE teilweise ein Abenteuer für sich. :roll:
An der Universität ist bei uns Java die Sprache der Wahl. Allerdings haben die Studenten meist sehr große Probleme, das Klassenkonzept zu verstehen...ohne Klassen geht in Java nunmal garnichts. Ein guter Prof wie unser Dekan bekommt das gut hin...aber nicht jeder ist ein guter Dozent ;) Außerdem ist das Exception-Handling in Java mega nervig, auch etwas, was man ab der ersten Code-Zeile behandeln muss.

Auch wenn man Delphi lernt, heißt das keines Falls, dass man später auch Delphi verwenden muss. Der Umstieg von Delphi auf C++ ist kein wirkliches Problem. Anders sieht es bei echten Lernsprachen aus, welche dann aus grafischen Boxen bestehen, die man zusammen klickert. Das hilft einem dann später eher wenig.

Ich würde übrigens auf Lazarus setzen. Es ist kostenfrei und bietet für die Schüler wohl den selben Funktionsumfang. Ist man erstmal mit Delphi unterwegs, fehlt einem später die Motivation, alte Units zu Lazarus zu migrieren. Zumindest ist das der Hauptgrund, warum ich noch Delphi nutze.

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Nur leider habe ich mit anderen Sprachen nur wenig oder gar keine Erfahrung.

Dieses Argument würde ich nur im letzten Notfall anbringen. Der Umstieg auf Java würde dir sicher nicht schwer fallen. Ich als Chef würde nach so einer Aussage eher überlegen, ob nicht wer anderes den Unterricht geben kann, als dass ich es als Argument für Delphi ansehe. Im Gegenteil, alle deine wohl überlegten Argumente stehen dadurch ebenfalls in einem schlechten Licht.

Wichtig finde ich vor allem, was das Ziel des Informatik-Unterrichts ist.
:arrow: Soll er die Fähigkeit vermitteln, schnell mal ein paar Code-Zeilen hinzuschreiben ("Scripting")? Dann würde ich etwas wie robocode.sourceforge.net/ empfehlen. Dort füllt man ein paar Funktionen (in Java) aus und steuert damit einen Roboter. Physik/Grafik usw. erledigt das Framework. Sowas wäre auch mit Delphi denkbar, oder gleich mit Lua, was in der Praxis im Game-Design verbreitet ist. Typsicherheit, Speicheradressierung etc gibt es dort nicht.
:arrow: Oder ist es mehr das Ziel, den Schülern Algorithmen und Datenstrukturen (logisches Denken) beizubringen? Informatik als Teildisziplin der Mathematik. Dann ist Delphi gut geeignet, auf Grund der klaren Sprache, der unkomplizierten GUI-Entwicklung und der exzellenten Produktivität und Compilier-Zeit.
:arrow: Oder geht es darum, den Schülern begreiflich zu machen, was Informatik ist und was "under the hood" im Rechner passiert? Informatik als Teil der Physik im weitesten Sinne. Dann würde ich auf Assembler setzen und mal einen Rechner aufschrauben lassen. Vielleicht sogar mit einem Raspberry Pi ein paar LEDs ansteuern.

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Für diesen Beitrag haben gedankt: Mathematiker
Nersgatt
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Delphi 10 Seattle Prof.
BeitragVerfasst: Di 23.06.15 20:10 
Man möchte ja fast das komplette Posting von Finn Ole unterstreichen. :D

Ich bin auch der Meinung, dass die Sprache zum Programmieren lernen erstmal relativ egal ist. Meine Karriere lief über Basic für den C64, GW Basic, QBasic zu Turbo Pascal, VB6, 4GL zu Delphi. Ich habe halt immer die Programmiersprache genommen, die man grade von mir verlangt hat. Wenn man einmal die grundsätzlichen Prinzipien der Programmierung verstanden hat, ist der Umstieg von einer Sprache zur anderen wie ein Umstieg vom Opel auf den VW zu sehen. Vereinfacht dargestellt.
Schon in meiner (schulischen) Ausbildung haben viele Klassenkameraden geunkt, sie würden doch viel lieber C++, das wäre doch deutlich moderner. Trotzdem haben wir alle das Prinzip verstanden.

Alles Pascalartige hat die ungemeinen Charme, dass man als jemand, der des Englischen mächtig ist, den Code fast wie Prosa lesen kann. Das hilft doch ungemein. Wobei z.B. C und C++ doch sehr zum kryptischen neigt. Von daher eher nicht wirklich für den Anfänger geeignet.

Schade finde ich auch, dass Emabarcadero keine kostenlose Einstiegsversion für Schüler anbietet. Das ist meiner Meinung nach ein großer Fehler, den die Firma aktuell begeht. Visual Studio ist kostenlos zu haben. Wer in Richtung Java geht, wird mit Eclipse glücklich und das kostet auch nichts.
Von daher wäre es vielleicht wirklich sinnvoll, sich mal Lazarus anzuschauen. Ich denke, das kann alles, was Du im Unterricht brauchst und interessierte Schüler können damit zuhause am eigenen Rechner weiter tüfteln.
Ob man Game of Life mit Delphi oder Lazarus programmiert ist gehupft wie gesprungen.

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Gruß, Jens
Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du. (Mahatma Gandhi)

Für diesen Beitrag haben gedankt: FinnO, Mathematiker
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 20:17 
Hallo
und vielen Dank für die schnellen und sehr ausführlichen Antworten.
Aus den Beiträgen kann ich sehr viel für die Argumentation entnehmen. Vielleicht gelingt es ja, zumindest das Delphi zu erhalten. Lazarus als Alternative ist eine gute Idee.

Das Hauptproblem ist, dass es immer schwieriger wird, möglichst viele Schüler für irgendetwas(!) zu begeistern. Viele wollen nur noch "konsumieren", nichts eigenes tun. Und das Konsumangebot muss auch noch bunt, laut, skurril und was weiß ich noch sein. Leider sehen wir das ja auch hier in der EE, aber auch in anderen Foren. Es gibt einige Jüngere, was toll ist, aber nicht so viel, wie man wünschen würde.
Um diesem Trend etwas entgegen zu steuern, wollen wir Programmierung lehren. Damit die Ergebnisse bei der Mehrheit aber noch vertretbar sind, sollte die Sprache+Umgebung möglichst einfach sein, aber doch nicht trivial.

Beste Grüße
Mathematiker

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Ralf Jansen
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 20:24 
Du hättest das nicht in Off-Topic posten sollen hier liest der Feind tatsächlich mit :twisted:
Der hält sich aber mal gerade mit Delphikritik zurück da es hier nicht zu übermäßigen Delphi Lobgehudel auszuarten scheint.

Zitat:
Meine Bitte: Liefert mir bitte Argumente, warum Pascal/Delphi die optimale Lernsprache für Anfänger(!) ist. Es geht nicht um die Schüler, die sich schon selbständig mit Programmierung beschäftigen.


... sondern um den Lehrer der Angst hat sein Steckenpferd zu verlieren? Ehrlich gesagt finde ich die Fragestellung in dieser Form ein wenig traurig von einem Lehrer. Du versuchst nicht mal das Ganze offen anzugehen. Zumindest formulierst du es nicht so. Das du die Hoffnung hast das am Ende, nach dem Vergleich der Pro&Kons, da wieder Pascal/Delphi rauskommt sei dir ja nicht genommen. Letzlich hätte ich eh auch die Vermutung das es egal ist welche Sprache man nimmt. Es kommt drauf an wie sie vermittelt wird. Heißt der Entscheidende Punkt ist die Fähigkeit und die Motivations des Lehrers die sich auf die Schüler überträgt. Und da gibt es ja offensichtlich nur eine passende Antwort ;) Den "Ich schicke meine Kinder nur auf ein Gymnasium an dem Haskell gelehrt wird"-Eltern kannst du es nicht recht machen. Jede Wahl wird bei irgendwem immer auf Widerstand treffen.

Zitat:
die Verbreitung von C# knapp höher als die von Delphi.


Vom Tiobe Index auf Verbreitung zu schließen ist echt gewagt. Genauso wie den Faktor ~2,5 (auch wenn es nur Tiobe ist) zwischen Delphi und C# als knapp zu bezeichnen ;) Oder hab ich nur die Ironie verpasst?
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 20:37 
Hallo,
user profile iconRalf Jansen hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
... sondern um den Lehrer der Angst hat sein Steckenpferd zu verlieren? Ehrlich gesagt finde ich die Fragestellung in dieser Form ein wenig traurig von einem Lehrer.

Du hast aus deiner Sicht durchaus recht.
Vielleicht bin ich doch zu träge, um nicht zu sagen zu faul, mich erneut umzustellen. Kann sein. :oops:

Das Problem ist nur, dass ich noch vier weitere Unterrichtsfächer habe: Mathematik, Physik (im Moment nicht), Astronomie und Profilunterricht (Mischmasch von allem). Und in allen Fächern wird stets und ständig verlangt, dass man allem Neuen aufgeschlossen ist und dies im Selbststudium lernt. Und glaube mir, die anderen Fächer ändern sich ebenfalls ständig.
Und dann sucht man eben nach Beständigkeit.
Vielleicht bin aber auch nur zu alt.
Ich werde "in mich gehen" und darüber nachdenken.

Beste Grüße
Mathematiker

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hathor
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 20:58 
user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
...
Vielleicht bin aber auch nur zu alt.

Beste Grüße
Mathematiker


Dann wünsche ich Dir jetzt schon einen wunderschönen UN-Ruhestand !
Wann? In 7 Jahren?
Lemmy
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 21:06 
user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:

Das Problem ist nur, dass ich noch vier weitere Unterrichtsfächer habe: Mathematik, Physik (im Moment nicht), Astronomie und Profilunterricht (Mischmasch von allem). Und in allen Fächern wird stets und ständig verlangt, dass man allem Neuen aufgeschlossen ist und dies im Selbststudium lernt. Und glaube mir, die anderen Fächer ändern sich ebenfalls ständig.


glaubst du "uns" geht es anders? ständig neue Technologien, Sprachen, Datenbanken und andere Schweine die durchs Dorf getrieben werden - man darf nichts verpassen um nicht eines Tages gegen den 23 jährigen Absolventen zu "verlieren". Dazu noch täglich neue Anforderungen von Kundenseite, Gesetzgeber, .... und am Ende soll das ganze auch noch wirtschaftlich umgesetzt werden. Du siehst: Es ist immer das selbe ;-)

Und zu deiner Frage: Wenn Du die Chance hast, dann zeig doch um was es geht:

Grundlagen der Programmierung verstehen
Programmstrukturen
....

Dazu Code von Pascal, C# und vielleicht auch noch von Swift gegenüberstellen. Dann sollte es allen klar sein, dass es bei dem Niveau um wirkliche Grundlagen (wie in Mathematik das 1x1) geht - sprich: Die Sprache ist hier schlicht und ergreifend egal.
Und als Abschluss dann die Aussage, dass das alles mit kostenlosen Tools (sei es Lazarus/FPC, Java oder Visual Studio) erlernt werden kann und daher definitiv KEINE kostenpflichtige Software notwendig ist.

Welche Software wollen die denn zusätzlich verkaufen?

Grüße
Ralf Jansen
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 21:22 
Zitat:
und dies im Selbststudium lernt.


Für mich klingt das nach einem guten Argument. An unseren Schulen lehren natürlich keine Autodidakten. Für einen eventuell neue Sprache brauchst du eine passende Weiterbildung.
Damit bremst man in jedem Unternehmen üblicherweise Veränderungen aus. Das geht bestimmt auch an Schulen so. Wenn nicht gibt es halt ne feine Weiterbildung ;)
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 21:36 
Hallo,
user profile iconLemmy hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Du siehst: Es ist immer das selbe ;-)

Habe ich auch nicht bezweifelt.
user profile iconRalf Jansen hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Das geht bestimmt auch an Schulen so. Wenn nicht gibt es halt ne feine Weiterbildung ;)

Nein. Gibt es nicht!
In den letzten (mindestens) 10 Jahren, gibt es in Sachsen keine, einigermaßen vernünftige Weiterbildung für Lehrer, gleichgültig welches Unterrichtsfachs. So etwas ist nicht (mehr) vorgesehen. Der Kostenfaktor war zu hoch. Alles ist im Selbststudium zu erlernen.
Und weil du es erwähnst. Von den 6 "Informatikern" meiner Schule sind 5 Autodidakten; alle Mathe-Physik-Lehrer. Ich gehöre dazu.
Wenn man nicht gute Kollegen hat, die das eine oder andere sich schon angeeignet haben und einem dann helfen, muss man selbst 'ran.

Beste Grüße
Mathematiker

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ub60
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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 22:27 
Nach mittlerweile 35 Jahren Programmiertätigkeit bin ich bei ca. 25 Programmiersprachen gelandet, die ich mehr oder weniger (meist weniger :( ) einmal gelernt habe. Viele Sprachen habe ich auch nur für einige Wochen programmiert, um zumindest erste Grunderfahrungen sammeln zu können.
Bei all diesen Sprachen muss ich sagen, dass mir vom Gesamtkonzept die Sprachfamilie Pascal immer noch am Liebsten ist. Für Anfänger würde ich immer Pascal bevorzugen, da ich hier (siehe weiter unten) viele Vorteile sehe.
Das heißt allerdigs nicht, dass ich mit Anfängern in Turbo-Pascal programmieren würde, da ich die DOS-Oberfläche doch sehr antiquiert finde und ich der Meinung bin, dass man damit keinen Schüler hinter dem Ofen hervorlocken kann.
Mein persönlicher Favorit ist Delphi und soweit es das Problem hergibt, würde ich immer mit Delphi programmieren. Für die Schule halte ich momentan Delphi für total ungeeignet. Die Lizenzpolitik von Emba ist total unfreundlich für Anfänger und Hobbyprogrammierer. Meines Wissens nach gibt es für Schulen keine halbwegs aktuelle Schulversion (Klassenraumlizenz, class in a box). Von einem Schüler kann ich auch nicht verlangen, sich eine für Schüler viel zu teure Schüler- bzw. Studentenlizenz zu kaufen. Außerdem finde ich es nicht sinnvoll, für Schule und zu Hause eine andere Programmieroberfläche zu verwenden.

Bleibt als mein Fazit die Empfehlung für Schulen: Lazarus

Vorteile:
  • Die Sprache ist Pascal (Freepascal).
  • Lazarus ist kostenlos.
  • Die Installation ist problemlos (Immer OK drücken, dann geht es eigentlich immer gut :)).
  • Selbst Schüler mit einem Linux oder Mac-OS können ihre in der Schule entwickelten Quelltexte zu Hause weiter bearbeiten.
  • Die für Anfänger relevante Befehle und Komponenteneigenschaften sind überwiegend kompatibel zu Delphi.

Nun aber noch zu den Vorteilen, die ich persönlich bei der Pascal-Familie mit grafischer Oberfläche (Delphi, Lazarus) für Anfänger sehe:
  • Bereits in der ersten Stunde kann ich mit wenig Aufwand ein fertiges Programm schreiben, das grafisch zumindest deutlich von der DOS-Oberfläche absticht.
  • Was ich als Programmierer zwar fürchterlich finde, was aber Schülern enorm gut gefällt: Man kann mit geringem Aufwand die Farben bzw. das generelle Layout ändern. Mit genau so geringem Aufwand kann man mit Grafiken arbeiten. Schüler finden solche Spielereien enorm unterhaltsam. Hier kann man erste Pluspunkte sammeln.
  • Das Konzept der Variablentypen und der notwendigen Deklaration erzieht zu einem Vorausplanen des Programms.
  • Die Unterteilung der Unterprogramme in Funktionen und Prozeduren halte ich persönlich besonders für Anfänger sehr sinnvoll. Bei vielen anderen Sprachen gibt es nur Funktionen, die aber trotzdem unterschiedlich (nämlich wie die Pascal-Funktionen und Prozeduren) behandelt werden müssen.

ub60

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BeitragVerfasst: Di 23.06.15 22:40 
Hallo ub60,
Danke für den ausführlichen Beitrag. Schöne Argumente.
Insbesondere
user profile iconub60 hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
  • Bereits in der ersten Stunde kann ich mit wenig Aufwand ein fertiges Programm schreiben, das grafisch zumindest deutlich von der DOS-Oberfläche absticht.
  • Was ich als Programmierer zwar fürchterlich finde, was aber Schülern enorm gut gefällt: Man kann mit geringem Aufwand die Farben bzw. das generelle Layout ändern. Mit genau so geringem Aufwand kann man mit Grafiken arbeiten. Schüler finden solche Spielereien enorm unterhaltsam. Hier kann man erste Pluspunkte sammeln.
  • Das Konzept der Variablentypen und der notwendigen Deklaration erzieht zu einem Vorausplanen des Programms.

finde ich sehr gut. Gerade mit dem 1. und 2.Punkt fangen wir auch fast immer an.
Das erste, sehr kleine Programm in der 9.Klasse berechnet immer den Mittelwert zweier natürlicher Zahlen. Wenn es "fertig" ist, spielen die Schüler dann gern herum. Fuchsia-Schrift auf Lime-Editzeile mit rotgefärbten Formular, möglichst noch eine exotische Schriftart. Ich finde es auch unmöglich, aber am Anfang stört es nicht.

Beste Grüße
Mathematiker

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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 02:50 
Moin!

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massiv die Diskussion auf, ob Pascal/Delphi als Einstiegssprache für Schüler noch zeitgemäß ist. Konkreter Vorwurf: Wer für Pascal/Delphi ist, ist vor Jahren "stehen geblieben", nicht flexibel, kurz gesagt "steinalt", "konservativ", "blöd" und was es noch in dieser Richtung als Kommentare gibt. :evil:
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Das ist offensichtlich, denn sonst würde er "Anwendungsentwicklung" nicht mit "Informatik" gleichsetzen... :rofl: Was auf relativ kurzem Weg zu der Frage führt, ob "Anwendungsentwicklung" in der Schule überhaupt was verloren hat, zumindest aber, ob man das Fach nicht ... falsch ... bezeichnet.

Vielleicht kann man das "Problem" ja auch von dieser Seite sehen: das Geschwätz von diesem Typ "Unternehmensberater" ist doch immer gleich, die benutzen die neuste Windows-Version/Smartphone/Automarke/* auch nur deshalb, weil es die neuste Version ist, nicht weil es wirklich wichtige Gründe dafür gäbe. Es ist also faktisch Trendverhalten, Gruppenzwang, Herdentrieb, etc. :P

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Im Moment beginnen wir in der Klasse 8 mit Pascal (Datentypen, Grundstrukturen Test, Schleife, Funktion, Prozedur ...), wechseln dann in der 9./10.Klasse (je 1 Wochenstunde) zu Delphi (höhere Datentypen, Dateiarbeit, sehr viel Grafik, ...) und nutzen Delphi in der 11./12.Klasse (fakultativer Unterricht) für die Umsetzung eines Teils des Sek II-Lehrplans (Themen vor allem Algorithmen, Grafik, Datenschutz).
Meiner ganz privaten Meinung nach hat Informatik überhaupt nichts mit Computern zu tun und man braucht diese Geräte auch im Informatik-Unterricht nicht (im Gegensatz zum Fach "Anwendungsentwicklung"... :angel:). Ich finde es sogar äußerst bedenklich, wenn man in der Schule den Eindruck vermittelt bekommt, dass es in der Informatik um Anwendungsentwicklung geht. :shock: Das führt letztlich dazu, dass ein riesen Haufen Leute in den Info-Vorlesungen an der Uni sitzen und sich nach ein paar Stunden fragen, was der nette Mann da vorne eigentlich alles erzählt... :gruebel: :nixweiss: Meiner immer noch ganz privaten Meinung nach gehört Informatik ausschließlich in die Oberstufe und ist dazu da, den Leuten, die glauben sie "kennen sich mit Computern aus" und die das später gerne Studieren wollen, zu zeigen, dass es da ... Diskrepanzen ... in der Auffassung oder der bisherigen Vorstellung von dieser Disziplin geben könnte. Abschreckung? Ja, warum nicht. Die Schule soll einen allgemeinbildenden Charakter haben. Dazu gehört IMHO auch rauszufinden, dass etwas nix für mich ist. :idea: :nixweiss: Den Schülern, die eine Begabung für die Informatik haben, macht das nix aus, und jemand der sich wirklich dafür interessiert, schreckt man damit auch nicht ab. Wenn man also "Anwendungsentwicklung" unterrichtet und "Informatik" dran schreibt, dann läuft da was falsch... :? Ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass jemand, der ein wirklich guter Informatiker ist, überhaupt keine Ahnung von der Programmierung (um mal ganz plakativ den "handwerklichen Teil" der Sache zu beschreiben) hat. :shock: Egal, ich fange an zu schwafeln, das gehört eigentlich gar nicht hier hin... :roll: :oops:

user profile iconMathematiker hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Liefert mir bitte Argumente, warum Pascal/Delphi die optimale Lernsprache für Anfänger(!) ist.
...
Es geht um die große Masse, die keine Erfahrung mit Programmierung hat
...
Was ich für die anstehende Diskussion brauche, sind gute Gründe für Pascal/Delphi und gegen Java, PHP, C, Basic usw. als Anfängersprache
Für mich klingt das nach einer Diskussion über die Didaktik des Unterrichts (wie auch immer er genannt sein mag :zwinker:), die hat selten was mit der Aktualität (oder dem "Zeitgeist") der Werkzeuge zu tun. Wenn ich ein Konzept vermitteln will, dann ist ein ausgefeiltes/modernes/hochoptimiertes "Anschauungsobjekt" selten von Vorteil. :idea: Ganz simple Analogie: wenn man das Konzept eines Automotors vermitteln möchte, dann wird man wohl kaum einen hochgezüchteten, realen V8-Motor mit Direkteinspritzung, Kompressor, Ladeluftkühler und verstellbarer Nockenwelle in der Schulwerkstatt auseinanderschrauben (was "aktuelle" und "leistungsfähige" Technik wäre), sondern ein vereinfachtes (und damit automatisch "altes") Modell nehmen, dass besonders gut geeignet ist, das Konzept verständlich zu machen (aber vielleicht gar nicht mal wirklich "funktionsfähig" ist). :think: In meiner Schulzeit :? haben wir damals den Einstieg in die Informatik mit Niki gemacht und uns erstmal komplett nur auf Algorithmik konzentriert. Das halte ich auch für eine gute Idee, denn Datenstrukturen und alles was darauf aufbaut, verlangt bereits ein tiefergehendes Verständnis dafür, wie so eine Maschine denn tatsächlich funktioniert. Aber ich schweife schon wieder ab... :roll:

Das Argument kam schon, aber zusammen mit dem "Modellcharakter" der Schuldidaktik ist es IMHO das naheliegendste, eine Programmiersprache zu wählen, die möglichst nahe an dem sog. "Pseudocode" liegt. Und genau so ist Pascal gedacht, man übersetzt doch praktisch nur noch die Umgangssprache ins "Englische" (OK, ein paar "Benimm-Regeln" noch dazu) und hat Pascal-Code... ;) Zusammen mit der IMHO komfortablen IDE und der VCL (die gar nicht besonders "neu" sein müssen) hat man relativ schnell lauffähige Anwendungen erstellt, ohne sich viel um die Details kümmern zu müssen. Wenn ich mir ansehe was für ein Chaos bei Java alleine mit den Runtime-Versionen, geschweige denn den GUI-Frameworks, auf einen zwar vielleicht interessierten, aber letztlich doch "ahnungslosen" Schüler zukommt... :hair: Da mag Delphi oder auch Lazarus vielleicht "alt" sein, aber eine eingeschränkte Funktionsvielfalt kann gerade am Anfang eher ein Vor- als ein Nachteil sein. :idea:

Und der letzte Gedanke für heute: es schadet sicher auch nicht mal einen simplen Algorithmus in mehreren verschiedenen Sprachen gegenüber zu stellen und so die Vielfalt der Werkzeuge zu zeigen. Deshalb muss man aber nicht gleich ein als praktikabel bekanntes Didaktik-Konzept aus dem Fenster werfen, nur weil es heute modern ist, statt begin/end geschweifte Klammern zu schreiben.

cu
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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 07:19 
Dann werde ich jetzt auch mal meinen unbedeutenden Senf dazugeben ...

Da es vor allem darum geht, den Schülern das Programmieren nahezubringen – oder anders ausgedrückt: Anfänger mit dem Programmieren vertraut zu machen –, halte ich Pascal bzw. Delphi noch immer mit Abstand für die beste Wahl, wurde diese Sprache doch genau dafür entwickelt. Zitat aus Wikipedia:

Pascal ist eine Weiterentwicklung von Algol 60. Es lehnt sich in seiner Syntax stark an die englische Grammatik an. Dies soll die Lesbarkeit für Programmiereinsteiger verbessern und ist daher besonders gut als Lehrsprache geeignet. ... Heute findet Pascal im universitären Bereich (Entwicklung/Ausbildung) und in sicherheitskritischen Bereichen (z. B. Verkehrstechnik, Energieversorgung, Medizintechnik, Raumfahrt, Militär, teilweise im Banken- und Versicherungswesen) Anwendung. Dies beruht hauptsächlich auf der guten Prüfbarkeit und Wartbarkeit des Codes und der klaren Zuordnung der Variablen. So ist die 2005 eingeführte Betriebsleittechnik IV der Transrapid-Versuchsanlage Emsland in Pascal programmiert. Eine pascalähnliche Notation wird von jeher in der Informatik und Mathematik zur Darstellung von Algorithmen benutzt. Aus didaktischen Gründen, es seien hier die Typstrenge, hohe Fehlersicherheit und frei verfügbare portierbare Pascalcompiler (Free Pascal, GNU Pascal) genannt, wird im aktuellen Informatikunterricht Pascal ebenfalls häufig eingesetzt. Im Hobby-Bereich erlangte Pascal zeitweilig eine sehr weite Verbreitung, die jedoch mit neueren Microsoft-Windows-Versionen wieder zurückging.


  • Der 11-seitige Arbeit Programmierstile im Anfangsunterricht behandelt die Frage, welche Programmiersprache für Informatik-Anfänger am besten geeignet wäre. Soweit ich den Text beim Überfliegen interpretiert habe, geht es dabei jedoch hauptsächlich um das Informatik-Studium. Dennoch enthält der Text wertvolle Hinweise zum Thema Programmier-Einsteiger.

  • Im Artikel Programmieren lernen für Anfänger – Welche Programmiersprache? wird die Frage behandelt, für welche Programmiersprache man sich als Einsteiger entscheiden sollte. Pascal bzw. Delphi werden dort erst gar nicht behandelt.

  • Ähnlich sieht es im Artikel Welche Programmiersprache zuerst? aus. Zur Diskussion stehen dort lediglich diverse C-Sprachen und Java – verständlich, da der Artikel offenbar von einem Nicht-Windows-Anwender geschrieben wurde.

  • Auf der Seite Proggen.org findet sich ebenfalls ein guter Artikel zur Frage der besten Programmiersprache für Anfänger. Dort wird allerdings Pascal als »eine aussterbende Sprache« bezeichnet. Um dem angeblichen Aussterben dieser wertvollen Sprache Pascal/Delphi entgegen zu wirken, halte ich es daher für geboten, diese Sprache als Einstiegssprache weiterhin anzubieten und damit zu fördern.

  • Viele weitere Artikel zu diesem Thema liefert Google mit den Suchworten programmieren+lernen+welche+sprache


Durch die regelmäßigen Kontakte mit dem Thema Programmieren lernen in der Schule, die tägliches Lesen in den drei Delphi-Foren mit sich bringt, habe ich den Eindruck gewonnen, daß erstens nur ein kleiner Teil der Schüler überhaupt eine Affinität zum Programmieren mitzubringen scheint, und daß davon ausgehend die dabei eingesetzte Programmiersprache eine wesentliche Rolle spielt. Man könnte natürlich auch mit einem Basic-Dialekt beginnen, den Schülern einfachste Sachen beizubringen. Das halte ich aber für kontraproduktiv, weil reine Basic-Dialekte wie z.B. GW-Basic dazu verleiten, unübersichtliche sog. Spaghetti-Programme zu schreiben, die der "Programmierer" dann selber nicht mehr durchschaut. Wie bereits erwähnt bietet Pascal meiner bescheidenen Ansicht nach die besten Voraussetzungen zum erlernen einer Programmier-Hochsprache, weil es leicht zu lesen ist.

Im Übrigen halte ich Bemerkungen wie "Pascal/Delphi ist am Aussterben" für übertrieben und unrealistisch. Delphi stirbt schon seit 20 Jahren aus. Dem Menschen blüht ebenfalls das Aussterben, wenn auch nicht in absehbarer Zeit, so lange er die Atombombenarsenale unter Verschluß hält. Überhaupt ist alles dem Tode geweiht, nichts lebt/beseht ewig. Bei den Schülern einer allgemeinbildenden Schule wie einem Gymnasium geht es aber gar nicht darum, auf eine zukunftsfähige Programmiersprache zu setzen, denn die allerwenigsten werden sich wohl für ein Informatik-Studium entscheiden. Es geht vielmehr darum, unbedarften, eher wenig interessierten Schülern das Programmieren von Computern nahezubringen und nicht darum, sie auf eine Programmier-Laufbahn vorzubereiten. Vor allem bietet Delphi bzw. Lazarus (bzw. CodeTyphon) die Möglichkeit, sehr schnell – im Vergleich mit anderen Programmiersprachen – lauffähige Programme zu entwickeln. Andere Programmiersprachen erfordern für dieselbe Sache oft weitaus mehr Codezeilen ...

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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 08:24 
Wir haben in der Schule und Uni Java benutzt. Das ist ja heute dort auch weit verbreitet. Und heute gibt es ja auch mit Netbeans usw. sehr gute IDEs dazu. Das war damals aber anders. Da gab es kleine Tools wie einen kleinen Javaeditor (ich glaube der hieß auch so), Eclipse, und das war es schon fast. Und dann ging das experimentieren los... warum geht das nicht? Stimmt der Classpath nicht? Ist der Compiler korrekt eingetragen? Wie "ungültiges Package", ich wollte doch nur ein kleines Programm erstellen...

Jedenfalls konnte man da deutlich sehen, dass Java nicht benutzt wurde, weil es besser geeignet war, sondern schlicht und ergreifend weil es kostenlos war...

Delphi hingegen hatte ich damals in Version 1 installiert und es lief einfach so Out-Of-The-Box und hatte einen visuellen Designer, wofür man bei Java damals noch bezahlen sollte. Die Eclipse Plugins dafür waren damals noch nicht kostenlos.

Gegen C# lassen sich solche Argumente allerdings nicht finden. Das ist durchaus keine schlechte Wahl für Schulen. Ganz einfach weil auch die aktuellen Versionen im Gegensatz zu Delphi kostenlos sind und im Gegensatz zu Lazarus (und alten Delphiversionen) eine deutlich bessere IDE haben.

Begin..end verstehen allerdings die meisten eher besser als die geschweiften Klammern, zumindest war das damals so, als ich den Informatikunterricht an einer Schule unterstützt habe. Und dass man Variablendeklarationen nicht einfach im Code verstreuen kann, half auch beim Überblick...
Damals lief es mit Delphi deutlich besser als mit C#, das dort auch benutzt wurde. (Ein Lehrer konnte nur das eine, der andere nur das andere. ;-))

Mit dem reinen Pascal hätte dort allerdings die Motivation gefehlt. Insbesondere am Anfang trug es sowohl bei C# als auch bei Delphi dazu bei die Motivation zu erhöhen, dass man etwas visuell machen konnte. Außerdem trat bei beiden der eigentliche Code usw. viel mehr in den Vordergrund, weil man sich, anders als bei uns damals bei Java, um den visuellen Teil nicht kümmern musste (egal ob nun ein Fenster oder eine Kommandozeilenausgabe). Der Teil war einfach mit wenigen Klicks erledigt. Bei Java haben wir uns viel mehr mit dem drumherum beschäftigt, was dazu geführt hat, dass der eigentliche Code, Schleifen usw., in den Hintergrund rückten.
Am Ende der zwei Jahre im Grundkurs war es definitiv so, dass wir in Java deutlich weniger an eigentlichem Programmieren, Schleifen usw. gelernt hatten als die Schüler, die (während meiner Studienzeit) in C# oder Delphi gelernt hatten.

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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 08:50 
Dinge die m.M. nach für Pascal sprechen:

Deklarationszwang von Variablen
Typisierung von Variablen
keine Unterscheidung Groß/Kleinschreibung

eignet sich sehr gut um die Grundkonzepte der Programmierung und Datenstrukturen zu zeigen/verstehen
(vor allem Kontrollstrukturen, Arrays, Pointer, lokale Prozeduren)

"Intuitive" Ausdrücke, das Konzept der Operatoren der C-ähnlichen Sprachen verwirrt Anfänger m.M. nach nur und führt oft zu Fehlern

Verzicht auf Features, die mehr Fehlermöglichkeiten als Komfort bieten
Gerade die Operatorenidee der C- Sprachfamilie ist zwar elegant, aber in der Praxis eben nicht immer gut.

Beim ObjectPascal von Delphi gefällt mir inbesondere das Element der Properties. Hat Java sowas mittlerweile eigentlich?

Die Grundlagen objektorientierter Programmierung lassen sich mit ObjectPascal auch schön zeigen, hier wird mittlerweile ja alles wichtige geboten unter weitestgehendem Verzicht auf "überflüssiges"

Für Anfänger toll ist sicher auch die Stringverwaltung im ObjectPascal.

Für den Informatikunterricht interessant ist sicher auch, daß es sich um eine compilierende Sprache handelt (ok, ist c, java usw auch)

Natürlich könnte man noch anführen, daß es auch Lisp und Prolog gibt (wäre m.M. nach wichtig sowas im Informatikunterricht auch mal anzureißen) aber das ist eine ganz andere Thematik

... wir verwendeten im Informatikunterricht noch den guten alten MASM *g*

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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 10:13 
user profile iconmandras hat folgendes geschrieben Zum zitierten Posting springen:
Beim ObjectPascal von Delphi gefällt mir inbesondere das Element der Properties. Hat Java sowas mittlerweile eigentlich?
Gerade unter Java-Entwicklern gibt es viele, die sogar Getter und Setter für schlechte OOP halten, von Eigenschaften (die es in Java auch heute nicht gibt) ganz abgesehen. ;-)
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BeitragVerfasst: Mi 24.06.15 12:06 
Pascal, das ja stark von Algol geprägt wurde, kommt meinem algorithmischen Denken sehr nahe, mithin kann ich mich auf das Problem bzw. dessen Lösung konzentrieren. Sicher ist es auch bei andere Programmiersprachen auch nur eine Übungssache, aber mit teilweise längerer Gewöhnphase. Mit C & Co. wurde ich jedenfalls bis heute nicht mal lauwarm. Nur bei der künstlichen Intelligenz gibt es deutlich überlegene Programmiersprachen.

Narses, ich stimme Dir zu, und es kommt noch "besser": Informatikunterricht beinhaltet teilweise sogar Bedienungslehrgänge für Word und Excel!

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